Veganer Haggis mit Neeps & Tatties
Haggis – DAS traditionsgericht aus Schottland, geprägt durch den schottischen Nationaldichter Robert Burns
Wisst ihr eigentlich was Haggis ist? Nein?
Kann ich euch nicht übel nehmen, aber versprecht mir nun nicht gleich mit lautem „Ihhhhhhh“ das Rezept zu schließen, ok?
Denn er ist das Prunkstück der schottischen Küche.
Aber das Originalrezept ist nichts für schwache Nerven und die Zubereitung dauert mehrere Stunden 🙂
Erfunden wurde der Haggis um die empfindlichen Schafsinnereien nach einer Schlachtung möglichst gut und lange haltbar zu machen.
Literarischen Ruhm erlangte er durch Robert Burnes Gedicht „Address to a Haggis“ (18. Jahrhundert) und die alljährliche Zelebrierung des Geburtstages von Robert Burns (25.01.1759), bei dem sich jährlich um den 25.01. alle Anhänger und Freunde Burns treffen, um nach bestimmten Riten und Vorgaben mit Haggis, Neeps, Tatties und viel Whisky den Poeten zu ehren!
Ein weiterer Post über das typische „Burns Supper“ folgt. Bei Interesse hinterlasse einen Kommentar und ich informiere Dich 🙂
Die Zutaten sind simpel, dennoch dreht sich bei mir fast der Magen um: Er besteht aus einem Schafsmagen der fein säuberlich von der Magenschleimhaut und Säure gereinigt wurde und mit Herz, Leber, Lunge, Nierenfett vom Schaf, Zwiebeln, Pfeffer und Hafermehl gefüllt wird. Der Magen wird zugebunden und mehrere Stunden in einem Wasserbad gekocht. Durch das Hafermehl bekommt der Haggis eine etwas schwerere Konsistenz als Wurst.
Uns Veganern graust es verständlicherweise, allerdings hat er in den mageren Zeiten Schottlands viele arme Familien ernährt und am Leben gehalten. Auch heute wird der Haggis bei allen größeren Festen als Landesgericht gegessen. Oder als eine Art Baustein in Gerichte mit eingearbeitet. Robert Burns Gedicht beschreibt auf liebevolle Art und Weise was ihn bewegt und welche tiefen Gefühle einen echten Haggisliebhaber beim Anblick des Darms ereilen. Vom ersten Anblick über das Anschneiden bis hin zum ersten Bissen. Natürlich wird der Haggis traditionsgemäß mit viel Whisky hinunter gespült.
Alleine nur die erste Zeile des Gedichts spiegelt Robert Burns Liebe wider:
Fair fa‘ your honest, sonsie face, (Schön dich zu sehen, altes Fettgesicht,)
Great chieftain o‘ the puddin-race! (mächtiger Clanchef der Pudding-Rasse!)
Aboon them a‘ ye tak your place, (Über allem Anderen thronst du,)
Painch, tripe, or thairm: (Magen, Därm´, gar Knorpel und Bindegeweb)
Weel are ye wordy o‘ a grace (Klar, bist du ´nen Ehrentoast wert,)
As lang‘s my arm. (So lang wie mein Arm.)
Nun, klar für mich: Haggis geht nicht über meine Lippen. Ich habe ihn schon so oft gesehen und auch gerochen, riecht übrigens nicht schlecht, aber … neeeeee … geht garnicht.
Ich bin nur ein mal reingelegt worden und habe ein Fitzelchen davon unbewusst probiert. Er steckte als Füllung in einen Minihühnerbeinchen, damals als ich noch Fleisch aß.
Und ich habe erst hinterher erfahren was ich da überhaupt gegessen hatte.
Und Du willst nun wissen wie und ob es mir geschmeckt hat?
Hmmm … nach dem der erste Schock überwunden war muß ich gestehen – schlecht war es nicht.
Aber das war auch definitiv das erste und das letzte Mal.
Durch einen Freund, der gerne nach Edinburgh reist (er lebt vegetarisch), habe ich erfahren, was für ein Vegan- und Vegetarierhype im Moment durch das arg fleischlastige Schottland geht und das es in Edinburgh im Moment 3 vegetarisch- und vegane Restaurants gibt. Sicherlich gibt es noch mehrere aber er hat schon mal diese drei heraus gefunden. Und, er hat gestrahlt bei dem Satz, er habe veganen Haggis gesehen. In einem supersüßen souterrain Restaurant in der Hannover Street genannt „Henderson’s„. Wir sollen dort unbedingt mal vorbei schauen. Auch die veganen Scones (vergleichbar mit extrem schweren Rosinenbrötchen) seinen deliziös. Und er schwärmte von der Salat- und Süssigkeitentheke.
Das Einzige, was ich nicht verstehe ist, warum sie ihn vegetarischen Haggis nennen wenn er absolut vegan ist. Sei’s drum. Hauptsache MEINS 🙂
So haben wir dieses Jahr, in unserem Familienurlaub Edinburgh und somit auch das Henderson’s gecheckt.
Unser Freund meinte „Wenn ihr rein geht, schaut mal nach links, da steht inmitten von normalen Stühlen ein großer Ohrensessel. Der gehört immer MIR wenn ich da bin“.
Und was soll ich sagen? Supersüßes Restaurant mit dem berühmten, großen Ohrensessel.
Wer hat darin gethront? hihihihihih ICH.
Wir haben veganen Haggis mit einem veganen „full scottish cooked breakfast“ bestellt.
Mit veganen Würstchen, weißen Bohnen in Tomatensauce, veganer „Butter“ auf frisch getoastetem Weißbrot. Gegrillte Tomate und gebratenen Champignons.
SO sieht ein typisches „fully cooked“ aus 🙂
Inmitten dieser duftenden Verführungen: DER vegane Haggis.
Aus schwarzen Linsen – einfach köstlich! Mit einer leicht indischen Note. Das Gewürz ist im Originalen zwar nicht drin, verleiht aber dem veganen Haggis eine ganz vorzügliche Note!
Leider wollte uns die deutsche Bedienung (ja, deutsch, lustig nicht? – und gleichzeitig die Frau des Besitzers ) nicht das Rezept verraten. Es sei ein Betriebsgeheimnis.
Ich war traurig aber verstehen konnte ich es.
Wir haben noch lange vom Haggis geredet und wie gut er ist.
Dann kam die Idee mit diesem Adventskalender und ich habe mir gedacht, es wäre ja gelacht, wenn ich nicht wenigsten irgendwo im www ein winziges, kleines vegan-Haggis Rezeptchen finden würde.
Was habe ich da gefunden? Ich wollte es nicht glauben!
Das Originalrezept von Henderson’s! Auf deren Homepage! Unfassbar.
Warum sie es nun veröffentlich haben, mir schleierhaft, aber wahrscheinlich waren sie die Nachfragen leid und dachten sich, wenn schon dann wenigsten die Rezeptverknüpfung mit ihrer Homepage. Aber eigentlich mir auch egal. Hauptsache das Rezept!
Das Einzige, was ich ausgetauscht habe, ist die Margarine. Klar, ich hätte Alsan nehmen können, wollte ich aber nicht.
Ebenso gibt es in Schottland eine andere Art von Hafer“flocken“ die wir hier nicht haben. Ich habe also normale Haferflocken genommen.
Und nun, wo er fertig war: Er schmeckt genau so gut wie ich ihn in Erinnerung habe.
Ein kurzer Flashback nach meinem geliebten Schottland.
Danke Henderson’s! Danke für das fantastische Rezept!
Aber nun habe ich lange genug erzählt: Here comes the recepie! Aye!
Zutaten Haggis:
75 g Champignons
75 g braune Linsen (ich habe Beluga Linsen genommen, 3 Stunden vorher in Wasser eingeweicht), nicht basisch
50 g Haferflocken, nicht basisch
50 g Kidneybohnen (aus der Dose), nicht basisch
150 g geriebene Karotten
2 Knoblauchzehen
150 g Zwiebeln
1 El Öl
2 Tl Tamari oder Soja Sauce, nicht basisch
1 El Garam Masala
Salz & Pfeffer
Zutaten Neeps & Tatties:
1 Steckrübe
10 große Kartoffeln
1 Schuß Albaöl (Veganer), Ghee nach Geschmack (basische Esser)
1 Schuß Mandelmilch
Salz & Muskat
Zubereitung Haggis:
Die Champignons mit einem feuchten Tuch reinigen und fein würfeln.
Die Kidneybohnen abgießen, unter fließendem Wasser abspülen und klein hacken.
Die Karotten fein reiben.
Knoblauch & Zwiebeln abziehen und sehr fein würfeln.
In einem Topf Öl erhitzen und die Zwiebeln sowie den Knoblauch bei niedriger Hitze sautieren. Garam Masala, Sojasauce oder Tamari sowie etwas Salz und Pfeffer zugeben.
Die eingeweichten Linsen (ohne Einweichwasser), einen kleinen Schuß Wasser sowie die Karotten hinzugeben und bei kleiner Hitze weiter köcheln lassen bis die Linsen weich sind.
Ab und zu umrühren, nicht das der gute Haggis am Boden anbrennt!
Danach die Kidneybohnen und die Champignons ergänzen.
Rühren nicht vergessen 🙂
Sollte die Masse zu dick werden, ab und zu einen Schuß Wasser oder Gemüsebrühe hineingießen.
Zum Schluß noch die Haferflocken unterheben und vielleicht noch einmal ein klein wenig Wasser dazugießen. Die Haferflocken lösen sich langsam auf und binden die Masse.
Damit wäre der Haggis fertig.
Zubereitung Neeps & Tatties
Neeps ist ein Steckrüben- und Tatties ein Kartoffelbrei.
Dies wir immer traditionsgemäß mit dem Haggis gegessen. Jedoch ist auch jedes andere Gemüse ein guter Gedanke 🙂
Steckrübe und Kartoffeln schälen, in Würfel schneiden und in zwei separaten Töpfen in Salzwasser weich kochen. Dann jeweils das Wasser abschütten und mit einem Stampfer zu Brei verarbeiten. Basische Esser können bei beiden Breien gerne noch ein wenig Ghee dazu fügen. Die Veganer könnten, wenn sie denn wollten, Albaöl nehmen (Rapsöl mit Butteraroma). Den Kartoffelbrei kann man auch noch gerne mit einem Hauch Muskatnuss würzen und ihn mit Mandelmilch cremiger rühren. Ob Mandelmilch und Muskatnuss „Original“ sind wage ich zu bezweifeln aber uns schmeckt es.
Alles zusammen auf einem Teller anrichten, eine CD mit traditioneller schottischer Musik in den Player werfen (am Besten von Robert Burns :- ), einen guten Earl Grey Tee zubereiten und sich dann an’s Kaminfeuer setzen und genießen 🙂 (wer kein Kaminfeuer hat, auch nicht schlimm – jeder andere Platz tut’s auch).
Informationen: Lustiges über den Haggis
Der Haggis wird im Ausland (vor allem in England) arg belächelt und es werden immer wieder Witze darüber gerissen. Der Schotte im allgemeinen weiß sich aber zu revanchieren.
Er verbreitet einfach Geschichten über das tatsächlich lebende Haggis Tier, welches in zwei Varianten in Schottland haust.
1. Den low-flying-Haggis der so schnell über die Highland-Heide fliegt, daß man ihn niemals zu Gesicht bekommt (stimmt, habe ihn auch noch nie gesehen)
2. Den left-driving-Haggis mit einem verkürzten linken Bein, damit er besser an den steilen Hängen der Highlands stehen kann ohne umzufallen. Allerdings verursache dieses kurze Bein immer eine linkslauf Drehung mit gelegentlichem „umfallen“. Wenn man also diesen left-driving-haggis fangen will, muß man ihn nur in das Flachland treiben, dann falle er um und ist ganz einfach einzusammeln. 😀
Um ihn anzulocken ahme man einfach nur den Paarungsruf nach, der täuschend echt nach Dudelsack klingt.
Da die Schotten erfahrungsgemäß viel Haggis essen, lernen eben viele auch den Dudelsack zu spielen.
Und somit sei nun auch das Geheimnis um den Dudelsack gelüftet.
But mark the Rustic, haggis-fed, (Doch sieh´ den Bauern, Haggis- genährt,)
The trembling earth resounds his tread, (Der Erdboden zittert, wiederhallt seinem Schritt,)
Clap in his wallie nieve a blade, (Gieb´ in seine feste Hand ´ne Klinge,)
He’ll make it whissle; (Er wird sie pfeifen lassen,)
An legs an arms, an heads will sned, (Und Beine und Arme, und Köpfe schneiden,)
Like taps o thrissle. (Wie Distelblütkapseln)
Gie her a Haggis! (Gebt ihm ein Haggismahl!)
Robert Burns „Address to a Haggis“
Jen
5. Dezember 2015 @ 06:25
WOW! so ein schöner langer Artikel und dann inklusive Rezept!!! Also ich muss ehrlich zugeben, obwohl ich ja früher ganz laaaaange keine Vegetarierin und schon gar keine Veganerin war, so hätte ich das früher das typisch schottische Haggis auch nicht essen können …. (das ist ungefähr so wie hier in Schaumburg mit dem Zungenragout…. das ging bei mir auch nie… auch wenn sonst alle anderen das lieben).
Vielen Dank auf jedenfall für diese ganzen Informationen und super das du das Original vegane Haggis-Rezept doch noch gefunden hast und uns hier einstellst. Ich finde das klingt echt toll und lecker 😉
Liebste Grüße Jen
Hans-Jürgen Lahann
5. Dezember 2015 @ 06:57
LIebe Steffi,
ich wünsche mir definitiv mehr solcher langen Texte 🙂 Du schreibst wundervoll und ich habe dabei immer ein schmunzeln auf den Lippen! Und viel gelernt habe ich auch noch dabei 🙂
Ich fürchte auch, dass ich das Original nie hätte essen können… Ich habe „aus Versehen“ mal auf einer Polenreise eine Suppe mit Kuhmagen gegessen, ohne zu wissen, was das ist. Mit war drei Tage lang schlecht…
Aber die vegane Variante scheint eine gute Alternative für den typischen „Bremer Knipp“ zu sein. Kommt auf jeden Fall auf meine „unbedingt mal ausprobieren“-Liste 🙂
Liebe Grüße
Hans-Jürgen
Astrid
5. Dezember 2015 @ 07:01
Liebe Steffi,
ich bin beeindruckt. Und ich mag Deine humorige Art zu schreiben. Höre förmlich Deine Stimme. Das ich dazu auch noch viel gelernt habe ist „On Top“! Ich liebe die englische Sprache und die interessanten Redewendungen zum Schluss. Na ja, und lecker ist es wohl allemal.
Bleib lustig 😉
Herzlichst Astrid <3